Mit Julia Hummer, Sabine Timoteo, Marianne Basler, Aurélien Recoing
Benno Fürmann, Anna Schudt, Claudia Geissler, Philipp Hauß,
Victoria v. Trauttmansdorf, Peter Kurth
Regie: Christian Petzold, Bild: Hans Fromm bvk, Szenenbild: Kade Gruber
, Kostümbild: Anette Guther , Casting: Simone Bär + Sylvie
Brocheré , Musik: Stefan Will + Marco Dreckkötter, Mischung:
Martin Steyer, Ton: Andreas Mücke-Niesytka, Steadicam: Tilmann Büttner
, Produktionsleitung: Dorissa Berninger , Redaktion BR: Bettina Reitz,
Redaktion ARTE: Andreas Schreitmüller, Redaktion ARTE France Cinéma:
Michel Reihlac, Coproduzentin: Anne-Dominique Toussaint, Produzenten:
Florian Koerner von Gustorf + Michael Weber , Buch: Christian Petzold
+ Harun Farocki
Eine Coproduktion der SCHRAMM FILM Koerner & Weber mit Les Films
de Tournelles, Bayerischer Rundfunk/ARTE + ARTE France Cinéma,
Medienboard Berlin-Brandenburg, BKM + FFA Im Verleih der Piffl
Medien
D 2005, 35 mm, 1:1:85, 85 min, Dolby Digital
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Aus einer Zeit, in der das Wünschen nicht mehr geholfen hat
Ganz wenige Märchen der Gebrüder Grimm beginnen nicht
mit „Es war einmal“. Einen der schönsten Anfänge
hat der Froschkönig. „Aus einer Zeit, in der das Wünschen
noch geholfen hat“.
GESPENSTER hat zwei Wurzeln. Vor gut einem Jahr war ich in den Ardennen,
in Sedan und Charleroi, und auf einem Postamt sah ich Fotos verschwundener
Mädchen aus Belgien und Frankreich. Schon lange waren diese
Mädchen verschwunden. Es gab immer das letzte Foto, das von
ihnen gemacht worden ist. Und dann eine Reihe Bilder, die ein Computer
errechnet hatte, die die Mädchen darstellten, so wie sie vor
drei Jahren, vor zwei und dann auch heute aussehen könnten.
Diese errechneten Portraits waren merkwürdig geisterhaft. Auf
diesen Bildern sah man Antlitze, ohne soziale Alterung, merkwürdig
blass, nicht von dieser Welt. Eigentlich tot. Gespensterportraits.
In diesem Jahr las ich meiner Tochter an jedem Abend ein Märchen
der Gebrüder Grimm vor. Viele dieser Märchen sind brutal,
sie entstanden während des dreißigjährigen Krieges,
in einer furchtbaren und haltlosen Welt. Die Märchen erzählen
diese Welt. Und versuchen, Trost zu spenden. Ein Märchen hieß „Das
Totenhemdchen“. Ein Mädchen ist gestorben, vier, fünf
Jahre alt. Die Mutter kann den Verlust nicht verwinden. Sie weint,
jeden Tag, jede Nacht. Plötzlich hört sie Geräusche
im Haus. Und sieht ihr totes Kind, im Totenhemdchen, wie sie sitzt,
an ihrem Tischchen, wo sie immer gefrühstückt hat. Und
sieht sie spielen, im Zimmer, in ihrer Ecke, die noch unberührt
ist. Das geht einige Tage. Die Mutter spricht ihre tote Tochter an.
Die Tochter ist verzweifelt. „Mama, du musst aufhören,
um mich zu weinen. Denn sonst komme ich nicht in den Himmel. Dein
Leid lässt mich nicht los!“ Aber die Mutter schafft das
nicht, das Loslassen. Erst am Ende kann das Mädchen in den Himmel.
Ein furchtbares Märchen. Weniger für meine Tochter, die
an den Himmel glaubt, wie alle ihre siebenjährigen Freundinnen
um sie herum. Die stellen sich den Himmel als einen riesigen Kindergeburtstag
vor.
Aus dem TOTENHEMDCHEN und den Gespensterportraits ist dann der Film
entstanden. Der Gedanke war, dass eines der errechneten Mädchen
aus dem Postamt in Sedan in Berlin lebt. Und von seiner Mutter
gesucht wird.
Christian Petzold, Dezember 2004
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Christian Petzold (Buch, Regie)
Geboren 1960 in Hilden. Seit 1981 lebt Christian Petzold in Berlin,
wo er zunächst Germanistik und Theaterwissenschaft studierte und
als Filmkritiker sowie in verschiedenen Funktionen fürs Fernsehen
arbeitete. 1988-1994 Studium an der Deutschen Film und Fernsehakademie
Berlin, währenddessen Regieassistenzen bei Harun Farocki und Hartmut
Bitomsky. Zu seinen Spielfilmen gehören Pilotinnen (1995), Cuba
Libre (1996; Förderpreis der Jury – Max Ophüls
Festival 1996), Die Beischlafdiebin (1998; Produzentenpreis
Max Ophüls Festival 1998), Die Innere Sicherheit (2000;
ausgezeichnet u.a. mit Deutscher Filmpreis 2001 – Bester Spielfilm,
Preis der internationalen Filmkritik Cannes 2001, Hessischer Filmpreis), Toter
Mann (2001; ausgezeichnet u.a. mit Fipa d’or Biarritz 2002,
Deutscher Fernsehpreis 2002, Adolf Grimme Preis 2003) und Wolfsburg (2002;
ausgezeichnet u.a. mit dem Preis der internationalen Filmkritik – Berlinale
2003).
Hans Fromm (Kamera)
Geboren 1961 in München. Kamerastudium an der Staatlichen Fachschule
für Optik und Fototechnik von 1986 bis 1988, seit 1989 freiberuflicher
Kameramann. Hans Fromm führte bei allen Filmen von Christian Petzold
die Kamera. Daneben arbeitete er u.a. zusammen mit Thorsten C. Fischer
(Blutroter Mond, 1999), Michael Hofmann (Der Strand von
Trouville, 1998), Jan Ralske (Not A Love Song, 1997),
Lutz Hachmeister (Hotel Provençal, 2000), Markus Imboden
(Stahlnetz, 2002) und Michael Klier (Farland, 2004).
Für die Kameraarbeit in Christian Petzolds Die Beischlafdiebin (1998)
wurde Hans Fromm für den Deutschen Fernsehpreis nominiert, für Toter
Mann (2002) wurde er u.a. mit der Nominierung zum Deutschen Kamerapreis
und mit dem Adolf Grimme Preis ausgezeichnet.
Bettina Böhler (Montage)
Bettina Böhler arbeitet seit 1980 als Cutterassistentin, seit
1985 als freiberufliche Cutterin für Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme.
Sie arbeitete u.a. zusammen mit Michael Klier (Überall ist
es besser wo wir nicht sind, 1988; Ostkreuz, 1991; Heidi
M., 2001; Farland, 2004), Dani Levy (Du mich auch,
1986), Marcel Gisler (Die blaue Stunde, 1991; F. est un
salaud, 1998), Ulrike Ottinger (Taiga, 1992), Hermine
Huntgeburth (Gefährliche Freundin, 1996; Romeo,
2001), Henner Winckler (Klassenfahrt, 2001), Angela Schanalec
(Plätze in Städten, 1998; Mein langsames Leben,
2000; Marseille, 2004) und Sabhiba Sumar (Khamosh Pani;
Goldener Leopard Locarno 2003). Seit Cuba Libre (1996) hat
Bettina Böhler alle Filme von Christian Petzold geschnitten. Für Die
Innere Sicherheit wurde sie mit dem Schnitt-Preis 2000 und dem
Preis der Deutschen Filmkritik 2001 ausgezeichnet.
Harun Farocki (Ko-Autor)
Geboren 1944 in Novy Jicin (heutige Tschechische Republik). 1966-1968
Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Farockis
Filmographie als Regisseur umfasst fast 90 Filme, darunter zahlreiche
Essayfilme, Dokumentationen und drei Spiefilme; daneben Mitarbeit als
Autor, Schauspieler und Produzent an Filmen anderer. Dozenturen in
Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Manila, München und Stuttgart,
von 1993 – 1999 visiting professor an der University
of California in Berkeley, seit 2004 Gastprofessur an der Akademie
für Bildende Künste in Wien. Mit Christian Petzold arbeitete
Harun Farocki zusammen u.a. an den Büchern von Cuba Libre (1995)
und Die Innere Sicherheit (2000).
Julia Hummer (Nina)
Geboren 1980 in Hagen. Nach ihrem Debüt in Sebastian Schippers Absolute
Giganten (1999) spielte sie u.a. bei Sören Voigt (Tolle
Lage, 1999), Hans-Christian Schmid (Crazy, 1999), Uschi
Ferstl (Honolulu, 1999), Felix Randau (Siemensstadt,
2000; Northern Star, 2004) und Robert Schwentke (Eierdiebe, 2001). Gespenster ist
nach Die Innere Sicherheit (2000) ihre zweite Hauptrolle
in einem Film von Christian Petzold. 2001 wurde sie mit dem Günter-Strack-Fernsehpreis
und dem Lilli-Palmer-Preis als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet,
für Die Innere Sicherheit als Beste Schauspielerin
für den Deutschen Filmpreis nominiert. Zur Zeit konzentriert
sich Julia Hummer auf ihre Arbeit als Musikerin. Ihre erste CD wird
im Frühjahr 2005 erscheinen.
Sabine Timoteo (Toni)
Geboren 1976 in Bern. 1994 Abschluss der Tanzausbildung an der Schweizerischen
Balletberufsschule, Engagement an der Deutschen Oper in Düsseldorf
und Tourneen mit Carlotta Ikedas Compagnie Ariadone. Für
ihre erste Spielfilm-Hauptrolle in Philip Grönings L’amour,
l’argent l’amour wurde Sabine Timoteo als Beste Schauspielerin
mit dem Schweizer Filmpreis und dem Bronzenen Leopard in Locarno ausgezeichnet.
Es folgten Rollen bei Dominik Graf (Die Freunde der Freunde,
2001; Adolf Grimme Preis), Maria Speth (In den Tag hinein,
2001), Katalin Gödrös (Mutanten, 2002), Andreas
Struck (Sugar Orange, 2003), Matthias Glasner (Der freie
Wille, 2004) und Sebastian Schipper (Ein Freund von mir,
2004).
Marianne Basler (Françoise)
Geboren 1964 in Brüssel. Ausbildung am Konservatorium in Brüssel,
wo sie 1985 mit dem Darstellerpreis ausgezeichnet wird. Umzug nach
Paris. Zahlreiche Rollen für Film und Theater. Zu ihren Kinofilmen
zählen La femme publique (1984, Andrzej Zulawski), Rose
la Rose (1985, Paul Vecchiali; César-Nominierung als Beste
Nachwuchsschauspielerin), Trois hommes et un couffin (Colline
Serreau), Les noces barbares (1987, Marion Hänsel; Prix
Joseph Plateau), A soldier’s tale (1988, John Parr), La
révolution française (1989, Robert Enrico), L’ordre
du jour (1993, Michel Khleifi), Farinelli (1994, Gérard
Corbiau), Marquise (1997, Véra Belmont), Vidange (1998,
Jean-Pierre Mocky), Va, petite! (2002, Alain Guesnier), Bienvenue
en Suisse (2003, Léa Fazer) und Va savoir (2000,
Jacques Rivette).
Aurélien Recoing (Pierre)
Geboren 1958 in Paris. Ausbildung am Conservatoire National d’Art
Dramatique. Zu seiner Filmographie gehören Les exploits d’un
jeune Don Juan (1987, Gianfranco Mingozzi), Les baisers de
secours (1989, Philippe Garrel), Aux petits bonheurs (Michel
Deville), Passage à l’acte (1990, Francis Girod), La
vie moderne (2000, Laurence Ferreira Barbosa), La fidelité (2000,
Andrzej Zulawski), Un jeu d’enfants (2001, Laurent Tuel), Tais-toi (Francis
Veber), Cette femme-là (2003, Guillaume Nicloux), L’ennemi
naturel (2003, Pierre-Erwan Guillaume), Un fils (2003,
Amal Bedjaoui) und Tout un hiver sans feu (2004, Greg Zglinski).
Für seine Rolle in Laurent Cantets L’emploi du temps,
dem Gewinner des Goldenen Löwen in Venedig 2001, wurde Aurélien
Recoing u.a. von der National Society of Film Critics als Bester Schauspieler
ausgezeichnet.
SCHRAMM FILM Koerner & Weber (Produktion)
Gegründet 1991 in Berlin von Florian Koerner von Gustorf und
Michael Weber. Zu ihren vielfach international ausgezeichneten Produktionen
zählen Thomas Arslans Mach die Musik leiser (1994), Angela
Schanalecs Plätze in Städten (1998), Mein langsames
Leben (2001) und Marseille (2003), Henner Wincklers Klassenfahrt (2002)
und zuletzt Jan Krügers Unterwegs, der den Tiger Award
des Rotterdam Film Festivals 2004 gewann. Gespenster ist nach Pilotinnen (1995), Cuba
Libre (1996), Die Beischlafdiebin (1998) und Die
Innere Sicherheit (2000) die fünfte Produktion von Schramm
Film mit Christian Petzold.
Les Films des Tournelles (Koproduktion)
Gegründet 1989 in Paris von Anne-Dominique Toussaint. Seitdem
zahlreiche international ausgezeichnete Produktionen und Koproduktionen,
u.a. Monsieur (1989), La
Sevillane (1992) und La Patinoire (1998) von Jean-Philippe
Toussaint, La partie d’echecs (1994) von Yves Hanchar, Toreros von
Eric Barbier, Mon père, ma mére, mes frères
et mes soeurs von Charlotte de Turckheim (1999), Slogans von
Gjergj Xhuvani, Respiro von Emanuele Crialese, Violence
des echanges en milieu tempère (2003) von Jean-Marc Moutout, Le
Cout de la vie von Philippe Le Guay (2003) und Emanuel Carreres Retour à Kotelnitch und La
moustache (2004).
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