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Dialog-Liste "Der Kick" als .DOC
Dialog-Liste "Der
Kick" als .DOC und alle Tonausschnitte in einem Ordner, gepackt (8 MB)
Kick 1
(FRAU / Jutta Schönfeld, Mutter von Marco und Marcel)
"Ich wusste, dass was passieret. Der Marco hat mich angerufen und gesagt,
dass sie jetzt losziehen, Er, der Marcel und der Sebastian Fink. In der Nacht
da, vom 12. Juli. Ich war im Krankenhaus, da war Vollmond. Mir haben se ja
Rückenmarkwasser
gezogen und da hab ich gedacht, ich muss nach Hause. Diese Unruhe, war so warm
gewesen." (0'27)
- 0.44 MB
Kick 2
(FRAU / Marcel Schönfeld)
Es war der 12. Juli 2002. Nachmittags kam mein Kumpel Sebastian mit dem Zug
in Seehausen an. Mein Papa und ich haben ihn vom Zug abgeholt. Dann kam
mein Bruder Marco auf die Idee, dass wir noch nach Strehlow fahren sollten,
um dort Hans-Joachim Fiebranz zu besuchen. Mein Bruder war neun Tage vorher
aus Haft entlassen worden und die beiden kannten sich noch aus früheren
Zeiten. Wir kauften einen Kasten Bier „Sternburger". Der wurde durch
die anwesenden Personen geleert. Nach ca. einer Stunde war der Kasten leer.
Dann holten wir einen zweiten. Kurz zuvor war auch Marinus Schöberl mit
seinem Fahrrad auf den Hof von Achim Fiebranz gefahren gekommen. (0'44)
- 0.70 MB
Kick 3
(MANN / Staatsanwalt)
Staatsanwalt. – Wenn man sich anhört, was die Jugendlichen da für
ein Umfeld haben. Die sitzen mit diesen alkoholkranken Menschen unter dem so
genannten Schleppdach und saufen. Es wird darum gestritten, wer von welchem
Schnaps was abgebissen hat, und wer wie viel abbekommen hat. Da kann man natürlich
fragen, wo waren die Eltern, warum lassen die ihre Kinder da sitzen?
Und wenn man dann diese traurigen Gestalten da gesehen hat vor Gericht. Ein
Zeuge nach dem anderen, frühere Rinder- und Schweinezüchter, dann
arbeitslos, alle dem Alkohol verfallen. Die dann da sitzen, allen Ernstes erklären,
sie können sich an nichts erinnern, weil sie so alkoholgeschädigt
sind. Dann irgendwas erzählen, noch lügen oder mauern: „Hast
nix gesehen, musste auch nix sagen.“ Obwohl manche bei den Quälereien
von Marinus anwesend waren. Und nichts getan haben. Die konnten uns nicht sagen
können, es tut uns Leid oder wir haben ein schlechtes Gewissen. Da kam
nichts.
Dem Dorf fehlt der zivilisatorische Standard. Man kümmert sich nicht
umeinander. Es hat niemanden belastet, den Rucksack, das Fahrrad oder
das Ladegerät von Marinus zu finden. Keiner hat etwas getan. (1'25)
- 1.30 MB
Kick 4
(MANN / Staatsanwalt)
Warum haben Sie auf Marinus Schöberl eingeschlagen?
(FRAU / Marcel Schönfeld)
Weiß ich nicht. Getan hat er mir an dem Abend nichts. Ich habe ihn nur
geschlagen, weil es alle getan haben. (0'16)
- 0.25 MB
Kick 5
(Mann / Birgit Schöberl)
18. November, es war mein Geburtstag. Da kommen zwei Polizisten zur Tür
rein und die fühlen sich nicht wohl in ihrer Haut. Und denn, da war es.
Haben sie gesagt, dass sie Marinus gefunden hatten. Hier in Potzlow. (0'22)
- 0.36 MB
Kick 6
(MANN / Bürgermeister 1)
Potzlow ist ein ganz normales Dorf. Wir haben hier einen Taubenzüchterverein,
eine freiwillige Feuerwehr. Es ist noch nicht lange her, da wurden wir
zum schönsten Dorf des Jahres gewählt. Vor der Wende hatten wir 500
Einwohner, jetzt 600. Das ist doch auch was.
(MANN / Bürgermeister 2)
Ich geh' davon aus, dass zu dem Zeitpunkt, wo die beiden Schönfeldbrüder
da an dem Abend ... ich glaube einfach, dass der Marinus zur falschen Zeit
am falschen Ort war. Das hätte eben so gut einen Anderen treffen können.
Die wollten an dem Abend einfach einen aufklatschen... wie das heute is' unter
Jugendlichen. Heute machen wir Feetz und heute muß einer dran glauben,
so nach dem Motto. (0'44)
- 0.70 MB
Kick 7
(Frau summt Melodie: Wo soll ich mich hinwenden?)
(MANN)
Trauerfeier anläßlich der Urnenbeisetzung von Marinus Schöberl
(16)
Geboren am 04.09.1985 in Wolfen. Gestorben am 12.07.2002 in Potzlow.
Beigesetzt am 04.12.2002, Gerswalde, 13 Uhr. (0'50)
- 0.78 MB
Kick 8
(FRAU / Heiko Gäbler, Lehrling)
Alle wieder zurück, ausweisen, abschieben. Knall hart sagen, ja.
Juden auch. Juden gehören ja zu jedem Land. Jedes Land hat ja seine
Juden, Deutsche sind das nich. Hier, det war ja nich Hitler alleine seine
Idee, die ganzen Juden umzubringen, es war ja hier der Himmler, der hat’s
ja organisiert. Also, der Hitler, der hat ja gar nicht groß gewusst
davon. Wenn da einer anfängt, da kann man da ja mitmachen, oder? Ich
hab meinen eigenen Kopp. Klar trag ich mein Fred-Perry-T-Hemd mit „88“.
Is ja wohl was anderes, was man im Kopp hat oder was man auf dem Leib trägt.
Heil Hitler, da denkt man die Zeit des Reiches. Dass man deutsch
denkt, dass man dazu steht, dass man deutsch denkt. Deutsch denken, an
die Zukunft denken, für die Familie da sein, arbeiten. (1'04)
- 1.00 MB
Kick 9
(FRAU / Marcel Schönfeld)
Im Stall ging es dann mit Schlagen weiter. In Richtung Ausgang, zur Jauchegrube
hin, forderte ich Marinus dann auf, sich hin zu knien und in die Bordsteinkante
vom Futtertrog zu beißen. Das tat dieser zunächst auch. Dann
hob er seinen Kopf und wir schlugen alle drei erneut auf ihn ein. (0'21)
- 0.40 MB
Kick 10
(Mann / Birgit Schöberl)
Und dann wird man noch als Sozialfall hingestellt. Ja, es kam ein Schreiben
vom Wohnungsamt, wir sind ja jetzt einer weniger bei uns, wir leben auf
zu viele Quadratmeter, wir ham kein Anrecht mehr auf die Wohnung,
schreiben die. Wir sollen uns nach ner anderen umgucken. Wir können
ja nich mal die Beerdigung bezahlen, ja, wir können ja den Grabstein
nicht bezahlen. Ist n Deutscher weniger wert wie `n Ausländer?
Der Platzeck der legt ja auch Kränze bei de Ausländer hin ans
Mahnmal, oder sonst wohin. Warum hatte der für unseren Jungen nichts
mehr übrig gehabt oder für die ganzen jugendlichen Deutschen,
die alle umgebracht werden. Da tun se nichts. (0'44)
- 0.70 MB
Kick 11
(MANN / Staatsanwalt) Was passierte, nachdem sie Marinus Schöberl
auf den Kopf gesprungen sind? FRAU Mein Bruder fing dann an zu schreien: „Scheiße,
wir haben einen umgebracht.“ Er sprach auch davon, dass wir den jetzt verbuddeln
müssen. Am Ausgang Richtung Jauchegrube hin befand sich ein Schaufelblatt
ohne Stiel. (0'21)
- 0.33 MB
Kick 12
(Frau / Marcel Schönfeld)
Nachdem nichts mehr zu sehen war, fuhren wir auf unseren Fahrrädern
nach Hause. In der Wohnung sprachen wir dann darüber, was eigentlich
passiert war und wie wir uns verhalten sollten. Also, wenn die Polizei
uns nach dem Aufenthalt des Marinus befragen sollte, sollte ich sagen,
dass ich nicht wisse, wo er abgeblieben sei. Dann haben wir uns schlafen
gelegt. (0'23)
- 0.37 MB
Kick 13
(FRAU / Marco Schönfeld)
Ich hab drei Jahre gesessen, ich hatte sone Aggressionen aufgebaut.
Die mussten raus. Det hätt jeden treffen können. Marinus, den
kannte ich von vorher. Wenn ich gegen den wat gehabt hätte, dann
hätt ich schon vorher wat machen können. Jude, det habe ich
schon zu vielen gesagt und hab den deswegen auch nich umgebracht.
Ich wollt den nich umbringen, ich hab den auch nich umgebracht, ich wollt
den nur quälen und ärgern. Des is eben aus der Situation heraus
entstanden und denn macht man det eben, weils Spaß macht und weil
man auch nich weiß, was man sonst machen soll. (0'56)
- 0.89 MB
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